Alles andere als gruselig, sondern sehr sozial – die Vampirfledermaus

Dr. Andreas Müller, Düsseldorf

Bei vielen Menschen hält sich bis heute die Meinung, dass alle Fledermäuse Blut trinken – und das auch in Deutschland. Tatsache ist, dass die meisten Fledermäuse Insekten fressen. Andere, etwa die Flughunde, sind Fruchtfresser und wieder andere fressen Fische, kleine Säugetiere, Reptilien oder Vögel. Es gibt keinen Grund, Angst vor Fledermäusen zu haben – im Gegenteil: Fledermäuse sind faszinierende und nützliche Tiere. 

Nur drei Fledermausarten weltweit, ernähren sich von Blut – davon zwei Arten in erster Linie von Vogelblut. Nur eine Art saugt an Säugetieren – in erster Linie an Nutztieren wie Schweinen. Diese Fledermausarten kommen nicht in Deutschland vor, sondern von Mexiko über Mittelamerika bis nach Südamerika. Die Vampirfledermäusen gehören auf Grund ihrer Lebensweise und ihres Sozialverhaltens zu dem interessantesten Fledermausarten.

Geschichte der Vampirfledermäuse

Nach der Entdeckung der Neuen Welt drang die Nachricht von blutsaugenden Fledermäusen auch nach Europa. In diesen Erzählungen wurde oft Dichtung und Wahrheit vermischt. So hat auch der schwedische Naturforscher Carl von Linné (auch Linnaeus genannt) in seiner Einteilung der Tiere den asiatischen Flughund als Vespertilio vampyrusbeschrieben, also als Fledertier, das nachts Jagd auf Hühner und Menschen macht, um deren Blut zu saugen. Erst viel später wurde bekannt, dass diese Flughunde, die mit 1,5m Spannweite zu den größten Fledertieren der Welt gehören und heute den Namen Pteropus vampyrus tragen, sich von Früchten ernähren. Der Naturforscher Georges-Louis Leclerc Comte de Buffon (1707-1788), stellte 1769 fest, dass alle Berichte von blutsaugenden Fledermäusen aus Südamerika stammen, es aber keine Beschreibungen aus Asien oder Afrika und schon gar nicht aus Europa gab. Aber erst im 19. Jahrhundert setze sich Buffons Ansicht dann überall in der Wissenschaft durch. Auch die großen Blattnasen (Fam. Phyllostomatidae) wurden aufgrund ihrer Nasenanhänge seiner Zeit als Blutsauger verdächtigt. Nun gehören die Vampirfledermäuse zwar in die Familie der Blattnasen, allerdings ernähren sich diese von Insekten, Nektar oder Pollen und trinken kein Blut.

Im Jahre 1826 beschrieb Maximilian Prinz zu Wied-Neuwied (1782-1867) die erste richtige Vampirfledermausart Desmodus rufus – der rotbraune Bündelzahn. Allerdings wurde die Art Desmodus rufus schon vorher im Jahre 1810 von dem Zoologen Étienne Geoffroy Saint-Hilaire (1772-1844) als Phyllostoma rotundus, weshalb die Gattung heute Desmodus und die Art Desmodus rotundus – der Gemeine Vampir, heißt. In den Jahren 1823 und 1893 kamen dann noch zwei weitere Vampirfledermausarten dazu: Der Kammzahnvampir Diphylla ecaudata, Spix 1823 und der Weißflügelvampir Diaemus youngi, Jentink, 1893.

Systematik und Arten

Vampirfledermäuse gehören, wie schon geschrieben, zur Familie der Blattnasen (Phyllostomidae) und hier in die Unterfamilie der Vampirfledermäuse (Desmodontinae), die in der deutschsprachigen Literatur auch als Desmodinae bezeichnet wird.

Die Unterfamilie umfaßt drei Gattungen mit jeweils nur einer Art und insgesamt vier Unterarten:

1.   Diphylla ecaudata Spix, 1823 – Kammzahnvampir

a.   Diphylla ecaudata ecaudata Spix, 1823; Vorkommen: Südamerika und östliches Panama

b.   Diphylla ecaudata centralis Thomas, 1903; Vorkommen: Westliches Panama bis Texas

2.   Diaemus youngi Jentink, 1893 – Weißflügelvampir; Vorkommen: Mexiko bis Südamerika, südliches Brasilien, nördiches Argentinien

3.   Desmodus rotundus E. Geoffroy, 1810 – Gemeiner Vampir

a.   Desmodus rotundus rotundus E. Geoffroy, 1810; Vorkommen: Südamerika einschließlich Trinidad

b.   Desmodus rotundus murinus Wagner, 1840; Vorkommen: Mittelamerika bis Mexiko

Weitere Arten aus der Gattung Desmodus sind schon ausgestorben und durch Fossilien oder Zähne belegt. Im Jahre 1958 beschrieb J. Knox Jones Desmodus stocki aus der San Josecito Höhle bei Nuevo Léon in Mexiko und 1959 James Gut Desmodus magnus aus Florida, USA. Beide Arten stammten aus dem Pleistozän (2,5 Mio. bis 12.000 Jahre vor heute), ähnelten Desmodus rotundus, waren jedoch etwas größer und hatten einen etwas robusteren Körperbau. Später, 1988 kamen dann noch zwei weitere fossile Arten aus dem Pleistozän hinzu, Desmodus archaeodaptes aus Florida und Desmodus draculae aus Venezuela. Im Jahre 2005 wurde dann mit Desmodus puntajudensis noch eine fossile Art aus der Höhle Cueva de Paredones bei Havanna auf Kuba beschrieben. Diese Artbeschreibung wird jedoch kontrovers diskutiert, da andere Forscher Desmodus puntajudensis nur als eine Unterart zu Desmodus rotundus sehen und der kubanische Fund folglich Desmodus rotundus puntajudensis heißen müsste.

Körpermerkmale der drei Vampirfledermausarten

a) Diphylla ecaudata Spix, 1823

Der Kammzahnvampir ähnelt dem Gemeinen Vampir (Desmodus rotundus), hat kürzere, breitere Ohren, einen kürzeren Daumen, einen winzigen Calcar (Sporn, der die Schwanzflughaut spannt) und große Augen. Die Schwanzflughaut ist schmal und haarig. Das Fell von Diphylla ecaudata ist weich und lang, auf dem Rücken dunkelbraun und auf dem Bauch etwas heller.

Wie die beiden anderen Vampirfledermäuse lebt der Kammzahnvampir in tropischen und subtropischen Regionen. Man findet die Fledermäuse in erster Linie in Höhlen und Minen, selten in in hohlen Bäumen, wo sie in kleinen Gruppen von nur wenigen Tieren den Tag über ruhen. Wenn sie gestört werden, flüchten sie oder fliegen an andere Stellen im Quartier, aber verkriechen sich nicht in Spalten, wie es Desmodus rotundus macht. Beide Arten findet man auch oft zusammen in den Höhlen. Normalerweise bekommen die Weibchen nur ein Jungtier als Nachwuchs und anders als bei unseren heimischen Fledermäusen können die Weibchen das ganze Jahr über von Februar bis Oktober trächtig werden. Die Tragedauer beträgt 6-8 Monate.

Der Kammzahnvampir hat die spezialisierteste Nahrungsaufnahme der drei Vampirfledermausarten, da er ausschließlich von frischem Vogelblut lebt. Dabei werden die Vögel, in der Regel Haushühner, in die unteren Bereiche der Füße gebissen. 

b) Diaemus youngi, Jentink, 1893

Beim Weißflügelvampir ist der Name Programm, da er auf den Flügeln an der Spitze und dem Flügelrand cremeweiße Stellen hat. In seinem Äußeren ähnelt Diaemus youngi sehr stark dem Gemeinen Vampir, allerdings sind die Ohren etwas kürzer und abgerundet, die Augen sind größer, der Daumen ist kurz und der Calcar (Sporn) ist zu einem warzenähnlichen Auswuchs reduziert. Die Schwanzflughaut erreicht ausgestreckt in seiner Mitte etwa 2/3 der Schienbeinlänge und ist behaart. Der Rücken ist dunkel-zimtbraun behaart, der Bauch etwas fahler. Schultern und die Seiten des Kopfes sind etwas heller behaart.

Auch der Weißrandvampir bewohnt die Tropen und Subtropen Mittel- und Südamerikas und ist die seltenste der drei Vampirfledermausarten. Die Kolonien bestehen oft aus 8 bis 12 Individuen, obwohl auch schon Kolonien mit bis zu 30 Fledermäusen entdeckt wurden. Sie ruhen in erster Linie in Baumhöhlen und werden selten in Höhlen oder Minen gefunden. Diaemus youngi hat eine Tragzeit von etwa sieben Monaten, wobei in der Regel ein einzelnes Jungtier geboren wird. Der Weißrandvampir bevorzugt Vogelblut, wurde aber auch auf Säugetieren, wie Ziegen und Rindern beobachtet. Zusätzlich zu den Vorlieben für Wildvögel, wurde in Brasilien auch eine Präferenz für Haustauben, Türkentauben und Hühner beobachtet. Die Fledermaus fliegt in großer Höhe um die Beute herum und nähert sich der Beute, indem sie direkt in ihrer Umgebung landet. Eine direkte Landung auf der Beute, wie bei dem Kammzahnvampir, wurde nicht beobachtet. Nach der Landung wählt der Weißrandvampir eine Stelle zum Zubeißen, ritzt die Haut mit den Zähnen und leckt das Blut mit der Zunge. 

Wie bei Diphylla ecaudata hängen die Bissstellen von der Art der Beute ab. Bei Haushühnern beispielsweise beißen die Fledermäuse bevorzugt in Zehen, Fußwurzeln, Kämme, das Kinn und den Halsansatz. Wird das Tier bei der Blutaufnahme gestört, versteckt es sich unter den Flügeln des Vogels oder im Gefieder des Hinterleibs. Die Blutaufnahme dauert zwischen 15 und 30 Minuten. Es werden durchschnittlich 33 ml Blut aufgenommen.

c) Desmodus rotundus E. Geoffroy, 1810 – Gemeiner Vampir

Der Gemeine Vampir hat kleine abgerundete Ohren, einen sehr langen Daumen, eine kurze Schnauze und eine kürzere Schwanzflughaut, als der Weißrandvampir. Der Sporn ist wie bei Diaemus youngi auch zu einem kleinen Auswuchs reduziert. Das Fell ist kurz und dicht, der Rücken dunkler als die Bauchseite. Es treten zwei Farbphasen auf, am häufigsten findet man Tiere mit bräunlichgrauem Rücken und hellgrauem Bauch, seltener sind rötlichbraune bis leuchtend gelbbraune Individuen.

Desmodus rotundus ist die bei weitem häufigste Vampirfledermaus und sie ist von Mexiko bis nach Uruguay, Argentinen und Brasilien und auch auf Trinidad verbreitet.

Die Tragzeit beträgt 7 Monate – in der Regel wird jeweils ein Jungtier geboren. Während der ersten 20 bis 30 Tage hängt das Jungtier an den Zitzen der Mutter und wird bis zu 60 Tage von dieser umhergetragen. Die Umstellung der Nahrung von Milch auf Blut geht relativ langsam. Dabei frisst das Jungtier auch Kot, der schon Bakterien für die Umwandlung der Blutnahrung enthält und der so die Nahrungsumstellung erleichtert. Nach 4 Monaten begleiten die Jungfledermäuse ihre Mutter zu den Beutetieren und erlernen so die Aufnahme von Blut.

Die Lebensweise ist beim Gemeinen Vampir am besten von allen der drei Vampirfledermäuse untersucht. Ihre vierfüßigen Fortbewegungsfähigkeiten am Boden sind einzigartig unter den Fledermäusen. So kann Desmodus rotundus, anders als die beiden anderen Arten auch Sprünge am Boden machen, um so schnell an sein Opfer zu gelangen. Dabei fungieren die drei Polster unter dem langen Daumen als Sohle. Durch Echoortung wird die Beute im Dunkeln angepeilt, aber auch der Geruchsinn und Wärmesensoren an der Nase spielen eine große Rolle. Als Beute für die Blutaufnahme dienen verschiedenste Säugetiere, wie Ziegen, Rinder, Schweine, Schafe und Pferde, aber auch Geflügel und viele Wildtiere. Bei größeren Säugern, wie Schweinen, Pferden oder Rindern beißen die Fledermäuse gerne in Schultern, Nacken, Ohren oder in die Schnauzenregion. Bei Vögeln werden die Beine bevorzugt.

Nachdem die Bissstelle am Opfer ausgesucht ist, werden mit den Zähnen die Haare entfernt und die Haut angeritzt. Wenn der Blutfluss nicht stark genug ist, wird auch die unter der Haut liegende Muskelschicht angebissen. Mit der Zungenspitze wird die Wunde vertieft und das Blut aufgeleckt. Dabei hat die Zunge eine Besonderheit in Form von Rillen, durch die das Blut in die Kehle der Fledermaus läuft. In der Regel werden etwa 5 ml Blut aufgenommen. 

Der Speichel der Vampirfledermaus enthält blutgerinnende Stoffe (Antikoagulanzien), sodass gewährleistet ist, dass immer genügend Blut aus der Wunde rinnt. Auch nach dem Ende der Nahrungsaufnahme durch die Fledermaus, rinnt das Blut noch eine Zeit lang aus der Wunde, weshalb man bei der Untersuchung von Vampirfledermäusen immer Handschuhe tragen sollte, damit man nicht gebissen wird. 

Ein im Tierreich einmaliges Merkmal der Vampirfledermäuse ist ihr Magen. Er misst bei Desmodus rotundus von der Speiseröhre bis zum sogenannten Pförtner, dem Mageneingang, nur einen Millimeter, während die hintere sogenannte Cardia-Region zu einem unglaublich langen Magen-Blinddarm erweitert ist, der fast die gesamte Bauchhöhle ausfüllt. Ungefüllt ist dieser Blindsack ca. 6 cm lang, gefüllt aber 11 bis 16 cm. 

Da Blut überwiegend aus Wasser besteht, kann eine Vampirfledermaus mehr davon aufnehmen, als sie selbst wiegt und im Durchschnitt frisst sie mehr als die Hälfte ihres eigentlichen Körpergewichtes, wobei die Blindsäcke im Magen sichtbar anschwellen. Nach dem Fressen fliegt die Vampirfledermaus ab und rastet eine Zeit lang, um das Blut einzudicken und zu verdauen. Dabei scheidet sie einen Teil der Flüssigkeit (etwa 25 Prozent) wieder aus. Manchmal urinieren die Tiere auch schon während der Blutaufnahme. 

Vampirfledermäuse können maximal 2 bis 3 Tage hungern. Die Spezialisierung auf Blut hat sich vermutlich als Folge einer ursprünglich karnivoren (fleischfressenden) Ernährung entwickelt. Noch heute springen Vampirfledermäuse Mäuse und kleine Ratten an und beißen sie. Dabei ist die Spezialisierung auf Blut so weit fortgeschritten, dass die drei Vampirfledermausarten keine andere Nahrung mehr aufnehmen können.

Das Sozialverhalten der Vampirfledermaus ist ebenfalls bemerkenswert: Sie leben in mehr oder weniger festen Gruppen, die gemeinsam auf Nahrungssuche fliegen. In ihren Quartieren in Höhlen oder Minen verwenden sie viel Zeit auf die gegenseitige Fellpflege. Aber auch Aggressionsverhalten kommt vor, wobei Vampirfledermäuse einander mit zusammengefalteten Flügeln und Trommeln auf den Untergrund drohen. Das Anheben eines zusammengefalteten Flügels ist eine Beschwichtigungsgeste des Unterlegenen, die der dominante Artgenosse, der sich von der Seite des gehobenen Flügels nähert, auch im Dunklen mit Hilfe seiner Echoortung wahrnehmen kann. Gebissen wird unter den Vampirfledermäuse niemals.

Jungtiere, deren Mütter nicht mehr oder nicht rechtzeitig zum Stillen zurückkehren, werden auch von anderen Weibchen gesäugt und oft sogar adoptiert. Beobachtungen von Desmodus rotundus haben sogar ergeben, dass hungrige erwachsene Vampire regelmäßig und erfolgreich ihre Artgenossen anbetteln und so auch ausgewürgtes Blut bekommen, sodass sie vor dem Verhungern gerettet sind. Forscher haben außerdem herausgefunden, dass Vampirfledermäuse, die in Gefangenschaft im Labor miteinander kooperiert haben und Bindungen eingegangen sind, sich auch in der Freiheit in den gleichen Quartieren aufhielten und ihre Nahrung miteinander teilten.


Zeichnungen des Kopfes von Desmodus rotundus, Diphylla ecaudata und Diaemus youngi

Schädlichkeit und Bekämpfung von Vampirfledermäusen

Der Biss von Weidetieren oder Haustieren durch Vampirfledermäuse führt bei den Opfern zu keinem großen Blutverlust, da nur wenige Milliliter Blut getrunken werden. Nur kleinere Vögel sind gefährdet, wenn mehre Vampirfledermäuse nacheinander am gleichen Vogel Blut trinken, was dann zu einem zu großen Blutverlust führen kann.

Allerdings können Vampirfledermäuse bei ihrem Biss Infektionskrankheiten übertragen, etwa

– eine als „Murrina“ bezeichnete Erkrankung der Pferde, verursacht durch Trypanosoma hippicum, einem geißeltragen Einzeller aus der Gruppe der Flagellaten,

– eine ähnliche Viehseuche, die als „Mal de caders“ bezeichnet wurde und durch den Einzeller Trypanosoma equinum verursacht wird,

– die paralytische Tollwut, auch „Derriengue“ oder „Rabies“ genannt, an der jährlich zwischen 0,5 und 2 Millionen Rinder erkranken und viele daran versterben. Auch Menschen können (extrem selten!!) Opfer dieser Krankheit werden. Ausgelöst wird sie durch Rabies-Viren, auch Tollwutviren genannt.

Die betroffenen Länder und Regionen versuchten diese Krankheiten auszurotten. Da man aber die Erreger selbst nicht bekämpfen konnte, wurde versucht, ihre Überträger, die Vampirfledermäuse, auszurotten. Dies führte dazu, dass aufgrund mangelnder Kenntnis der Unterschiede von Vampirfledermäusen zu anderen Fledermäusen, einfach alle Fledermäuse bekämpft wurden. Tausende Fledermaushöhlen wurden allein in Brasilien gesprengt und mehr als 44.000 Fledermaus-Quartiere wurden von 1964 bis 1967 in Venezuela vergiftet, was etwa zwei Millionen Fledermäusen das Leben kostete. 

Die eigentlichen Überträger, die Vampirfledermäuse litten unter dieser Bekämpfung am wenigsten, da sie nicht so große Aggregationen in ihren Quartieren bilden. In anderen Ländern, wie Trinidad, werden Vampirfledermäuse gezielt durch professionelle Vampirfänger, durch Fangnetze vor Ställen und durch mit Strychnin versetztem Sirup, der auf frische Wunden der Beutetiere gestrichen wird und so den nächsten beißenden Vampir tötet, bekämpft. Eine andere Methode besteht darin, langsam wirkendes Gift auf das Fell gefangener Vampirfledermäuse zu streichen und sie zu ihren Quartieren zurückfliegen zu lassen. Durch die ausgeprägte soziale Fellpflege der Fledermäuse werden dann alle Mitglieder in der Kolonie ausgerottet, die mit dem bestrichenen Tier in Kontakt kommen. Als Folge dieser Bekämpfungen sind heute schon große Gebiete in Süd- und Mittelamerika Vampirfledermaus-frei oder -arm, was ein großer Verlust für die Artenvielfalt und die Natur ist.

Einsatz in der Medizin

Der Speichel der Vampirfledermäuse enthält u.a. den gerinnungshemmenden Stoff Desmoteplase, auch Draculin genannt. Desmoteplase wird in klinischen Studien als experimenteller Arzneistoff zur Behandlung des ischämischen Schlaganfalls und von Herzinfarkten eingesetzt, ist aber noch nicht als Medikament zugelassen.

Und was ist mit Dracula?

Wie beschrieben, trinken nur drei von etwa weltweit 1.400 Fledermausarten Blut. Der Glaube an Vampire ist schon sehr alt und wurde schon lange vor Bram Stokers Buch Dracula von 1897 in vielen Gegenden Südosteuropas, wie im Karpatenraum und im Balkan (Rumänien, Bulgarien, Albanien und Serbien) gelebt. 

Dabei gehörte das eigentliche Blutsaugen nicht zu den überlieferten Elementen dieses Volks(aber)glaubens. Wichtige Elemente waren, dass sich in einem Grab eines verstorbenen Menschen, ein nicht verwester, noch rosiger Leichnam gefunden wurde, der dann nochmals auf unterschiedliche Weise „getötet“ und verbrannt wurde. Eine weitere Variation des Vampirglaubens ist im alten rumänischen und albanischen Volksglauben zu finden, der sogenannte „Strigoi“, was so viel wie „Hexe“ bedeutet. Strigoi sind ausschließlich menschliche und nicht dämonische Seelen, die von den Toten zurückgekehrt sind und werden in zwei Kategorien aufgeteilt, in „Strigoi morți“, Untote und „Strigoi vii“, zu Lebzeiten verfluchte Menschen, die nach ihrem Tod erst zu Strigoi werden. Zum Schutz vor ihnen, werden bei Beerdigungen Spindeln mit Garn um das Grab gesteckt und angezündet. Manchmal wird den Toten ein glühendes Eisen in das Herz gerammt und so verhindert, dass der Tote zum Strigoi wird. Diese „Vampire“ haben gar nichts mit bluttrinkenden Fledermäusen zu tun. 

Wie kamen Dracula und die Fledermäuse zusammen? 

Schuld daran ist Abraham „Bram“ Stoker, der in seinem Roman Dracula das heutige Bild eines Vampirs prägte. Sicher hatte Stoker auch von Geschichten blutsaugender Fledermäuse aus Südamerika gehört und sicher spielte es auch eine Rolle, dass Fledermäuse, genauso wie Graf Dracula, nachtaktiv sind. Die Möglichkeit, dass Bram Stoker eine Verwandlung seines Vampirs in eine Fledermaus auswählte könnte sein, dass es so dem Vampir möglich war, größere Entfernungen durch den Flug als Fledermaus zurückzulegen. 

Die Romanfigur Dracula beruht auf der historischen Person des rumänischen Fürsten Vlad III. Draculea (1431-1477), auch „Tepes“ der Pfähler genannt, weil er seine Feinde mit Vorliebe auf Holzpfähle spießen ließ. Angeblich soll er auch das heruntertropfende Blut der Opfer getrunken haben, obwohl dies sicher eine Legende ist, um seinen grausamen Ruf noch zu steigern. Dieser Fürst Vlad hat Bram Stoker dann zu seinem bluttrinkenden Vampir inspiriert, nachdem ihm dessen Geschichte durch einen ungarischen Professor erzählt wurde.

Quellen

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© Text und Zeichnung  Dr. Andreas Müller, Düsseldorf